Kinder haben viel Fantasie. Das erlebe ich bei meiner Arbeit im Kindergarten immer wieder. Doch oft wird sie mit der Zeit abgeschwächt, verliert sich im Alltag, in der manchmal schwierigen Realität. Als Autorin von Kindergeschichten ist es mir wichtig, die Fantasie von Kindern anzuregen, sie im Umgang mit der Fantasie zu fördern, die Fantasie zu bewahren. Deshalb habe ich begonnen, mich mit diesem Thema zu beschäftigen und möchte dir hier 7 hilfreiche Tipps mit auf den Weg geben.
Fantasie bei Kindern
Als meine Tochter klein war, hatte sie drei – für mich leider unsichtbare – Freunde, die sie begleiteten.
Es waren die Drachen Gumguma, Kecki und Kelho. Sie tauchten immer wieder auf, hatten viel Unsinn im Kopf. Sie waren Spielkameraden, aber auch da, wenn meine Tochter traurig war, etwas nicht klappte oder sie sich allein fühlte. Sie gaben ihr etwas, das ich als Mutter ihr nicht geben konnte. Erst, als mein Sohn geboren wurde, verabschiedeten sich die Drachen.
Nach dem Biologen Jean Piaget sind Kinder von 3 bis 5 Jahren in der sogenannten „magischen Phase“.
Sie können nicht trennen zwischen Fantasie und Realität. Hier immer wieder zu betonen, dass etwas „nicht wahr ist“ würde nur zur Frustration führen. (Wer weiß denn auch schon, was wirklich wahr ist?). Viel schöner ist es, mit einzusteigen auf die fantasievollen Spiele! Das machen wir ja auch, wenn wir vom Christkind / Weihnachtsmann erzählen oder der Osterhase durch den Garten hoppelt. Aber das geht natürlich auch im Alltag, z.B. durch einfache Fragen: „Wie sehen die Drachen denn aus?“ oder „Welches Buch mag Gumguma jetzt mit mir angucken?“ Schon fühlt sich das Kind ernst genommen und steigt bestimmt mit viel Fantasie darauf ein.
Unterscheidung zur Realität
Bei meinen Lesungen in Schulen passierte es mir früher öfter, dass Kinder sich meldeten und mir erklärten: „Es gibt doch gar keine Gespenster!“ oder „Nein, die Sterne haben nicht die Ompfs an den Himmel gehängt. Das sind Planeten!“.
Das hat mich anfangs ziemlich aus dem Konzept gebracht. Die Kinder waren stolz auf ihr Wissen. In diesem Moment erkannten sie nicht den Wert der Fantasie. Ich merkte, dass es mein Job als Autorin ist, ihnen diesen wieder zu vermitteln.
Seitdem frage ich in fast jeder Lesung: „Habt ihr Fantasie?“ Und erkläre, dass ich keine Bücher schreiben könnte, wenn ich sie nicht hätte. Wir schalten sie dann gemeinsam an, schauen zu, wie ein Kamel am Fenster vorbeifliegt, und tauchen erst dann in die Geschichte ein.
Natürlich, am Ende des magischen Zeitalters können die Kinder - wie auch wir Erwachsenen - bewusst trennen zwischen Fantasie und Realität. Das Ankommen in der Realität ist entsprechend positiv besetzt. Aber muss sich die Fantasie deshalb verlieren? Kann sich nicht beides gegenseitig ergänzen und bereichern?
Warum ist Fantasie so wichtig?
Früher war Fantasie oft negativ besetzt. „Du hast ja eine blühende Fantasie!“, galt als Abwertung. Zum Glück hat sich das mittlerweile verändert. Bestimmt hat Michael Ende mit seinem legendären Buch „Die unendliche Geschichte“ seinen Teil dazu beigetragen. Denn wenn keiner mehr an die Fantasie glaubt, wird das wundervolle Phantasien vom Nichts vernichtet werden. Die Fantasie braucht also uns. Aber brauchen wir auch sie?
Fantasie ist kein Schulfach. Es gibt auch nur wenige Berufe, in denen sie eine große Rolle spielt. Sie ist nicht messbar, lässt sich nicht kategorisieren. Sie agiert in der Innenwelt.
Kürzlich war ich mit Freundinnen spazieren. Winter, es wurde langsam dunkel, begann zu regnen.
„Hach, im Sommer ist es hier bestimmt wunderschön!“, meinte ich. Eine meiner Freundinnen blieb stehen, sah mich an. „Kannst du dir vorstellen, wie es hier im Sommer ist?“, fragte sie mich verwundert.
Ja, das konnte ich. Ich sah grüne Blätter an den Bäumen. Schaute über grüne Wiesen, entdeckte Blumen, die ihr Gesicht zur Sonne drehten ...
Das macht sie, die Fantasie. Sie malt das Leben bunt. Sie erlaubt uns, über das, was ist, hinauszublicken. Ich kann sie auch teilen. Als ich die Landschaft, die ich sah, beschrieb, stimmten alle mit ein. Plötzlich grasten Einhörner auf der Wiese. Ein Schwarm Papageien saß in den Zweigen und begannen mit uns zu reden. Ein fliegender Teppich landete und lud uns zu einer Reise ein. Wir lachten, voller Freude und Leichtigkeit.
Durch Fantasie können wir die Löcher in Phantasien wieder schließen. Nein, das kostet uns nichts. Wir zahlen dafür nicht – wie Basti – den Preis unserer Erinnerung. Die Fantasie ist einfach da, sie bleibt, sie wächst, je mehr wir bereit sind, uns wieder auf sie einzulassen.
Natürlich sind es auch irreale Ängste mit Fantasie verbunden. Das klassische Beispiel sind die Monster unter dem Bett. Doch die Fantasie erlaubt es uns, nicht dort stehen zu bleiben, sondern Lösungen zu finden. Wir können uns mit diesen Monstern beschäftigen. Sie malen. Ihnen Namen geben. Und ihnen jeden Abend ein Schälchen Milch neben das Bett stellen. Denn wenn sie ihre Milch trinken, schlafen die Monster genauso gut wie unsere Kinder.
Doch die Fantasie hat noch einen weiteren Nutzen: Sie macht es möglich, Neues zu erschaffen. Sie kreiert. Astrid Lindgren brachte es mit ihren Worten auf den Punkt: „Alles, was an Großem in der Welt geschah, vollzog sich zuerst in der Phantasie eines Menschen.“
7 tolle Tipps, um sie zu bewahren
Zusammengefasst habe ich meine Erkenntnisse in 7 Tipps:
Die Fantasie von Kindern muss nicht gelernt werden. Sie ist da. Es geht nur darum, dafür zu sorgen, dass sie nicht verschüttet wird.
Wichtigste Grundvoraussetzung beim Umgang mit Fantasie ist es, ihren Wert zu erkennen. Sie im Alltag willkommen zu heißen. Als schöpferische Kraft. Das Tor zur Fantasie weit zu öffnen und sich über sie freuen.
Fantasie annehmen, wenn sie sich zeigt. Erzählt dir dein Kind von Feen, dann gehe darauf ein. Am leichtesten ist es, Fragen zu stellen. Welche Kleider tragen die Feen? Wohin fliegen sie?
Fantasie lässt sich trainieren. Nimm die doch mal vor, einmal am Tag mit deinem Kind einen kleinen Ausflug in die Fantasie zu machen. Und schon fliegt ein Kamel am Fenster vorbei und lädt euch ein ….
Fantasie braucht Raum, um sich zu entfalten. Nichtstun, Langeweile zulassen – und plötzlich schleichen sich bunte Bilder ein, Figuren tauchen auf …
Auch Vorlagen können helfen, fantasievoll weiterzuspinnen. Das kann eine Kindergeschichte sein, aber auch das Bild eines Aliens, eine Elfe zum Ausmalen, ein Hampelmonster. Kreativität und Fantasie sind Schwestern und verbinden sich gerne!
Fantasie nutzen, um im Alltag zu unterstützen. Die ersten Buchstaben und Wörter schreiben sich viel leichter, wenn ein kleiner Pirat am Anfang jeder Zeile wartet. Das Lernen macht mehr Spaß, wenn das Stofftier zuhören darf – und manchmal auch eine Aufgabe gestellt bekommt …
Probiere es gleich aus. Schau mal aus dem Fenster. Was siehst du? Fliegt vielleicht gerade ein Drache vorbei und lädt dich ein auf eine fantasievolle Reise? Dann steig schnell auf!
Fantasie fördern im Spinnlabor!
Wenn du nach Möglichkeiten suchst, um die Fantasie von Kindern zu bewahren, dann schau doch bei uns im Spinnlabor vorbei. Hier findest du Geschichten, Basteleien und tolle Bilder. Jeden Freitag gibt es ein neues Freebie für Kinder. Uns liegt die Fantasie am Herzen, denn Autorin Florentine Hein, Illustratorin Sabine Sauter und Labormaus Kosmo wissen es genau: Fantasie macht glücklich!
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